Breath - Neues Wissen über die vergessene Kunst des Atmens
Für Mama (2020)
Ich habe meine Kopfhörer verloren. Im MILES auf dem Weg zu einem wichtigen Treffen vergessen und mein Mitbewohner, der mir diese damals geschenkt hatte, weiß noch nichts davon.
Die Airpods mit einem Herz auf dem weißen Case, waren bis dahin mein ständiger Begleiter: im Bus, in der Bahn, beim Spazierengehen oder in den Pausen beim Mittagessen.
Zuvor war mir nicht aufgefallen, wie oft ich mich eigentlich von der Außenwelt abkapselte, um Songs in Dauerschleife anzuhören. Dass ich durch den Verlust und die dadurch entstandene, langweilige „Stille“ weniger atmen, meinen Herzschlag bewusster wahrnehmen und mehr auf Nasenatmung achten würde, kam unerwartet. Ob ich seitdem genau 13 500-mal pro Tag einatme, kann ich aber nicht genau sagen :)
Mit der authentischen Beschreibung seiner Atemforschung hatte ich Freude darin gefunden, einige von Nestors gesammelten Atemexperimente in meinen Alltag einzubauen und darin Normalität zu finden. Auf meiner 45-minütigen Fahrt zum UKE beispielsweise fing ich an mich darin zu üben jeweils 5,5 Sekunden ein- und auszuatmen. Meist von der Haltstelle „Carl-Petersen-Straße“ bis zur „U Mundsburg“, also ungefähr 10 Minuten. Schon nach kurzer Zeit empfand ich dabei eine angenehme Ruhe und merkte wie ich auf mein autonomes Nervensystem Einfluss nehmen konnte. Auch meiner Workshop-Gruppe erzählte ich aufgrund der Praktikabilität dieser Übung im Alltag, dass für eine gute Atmung und den damit verbundenen gesundheitlichen Benefits entscheidend war, weniger oft einzuatmen und weniger Luftvolumen auszuatmen. Die Mütter erzählten, dass diese enorm hilfreich war, um im Alltagstrubel mit Kindern für einen kurzen Moment zu sich zu finden.
Nestors Worte fanden schließlich auch in meinem Schwimmtraining Anwendung. Zuvor schon häufiger vergeblich versucht, setzte ich mir das Ziel, die Anzahl meiner Armzüge zwischen dem Einatmen zu steigern. Anfangs begnügte ich mich mit Einem, sodass ich jeden linken beziehungsweise rechten Armzug einatmete. Auf diese Weise konnte ich 40 Minuten ohne Probleme im Becken kraulen. Es hatte erstaunlicherweise gar nicht so lange gedauert bis ich meinen Rhythmus so angepasst hatte, dass ich konstant drei Armzüge zwischen den Einatem-Phasen durchführen konnte. Ohne über meine Schmerzgrenze zu gehen, variierte ich die Anzahl der Züge: mal fünf, mal sieben Armzüge, um dann wieder kräftig einzuatmen und zu meinem Dreier-Rhythmus zurückkehren zu können. Wie damals schon beim Sport-Abi auswendig gelernt, steigerte ich auf diese Weise merklich meinen VO2max-Wert, also das Maß meiner kardiorespiratorischen Fitness. Die Stille, die ich irgendwann ohne Kopfhörer empfand, fand ich auch nach einige Zeit mit Kopf unter Wasser im Schwimmbecken. Für den bewussten Fokus auf die Atmung war die Eintönigkeit des Beckenbodens, der langsam aber stetig unter mir vorbeizog und die rauschende Geräuschkulisse durch das Wasser optimal. Bis auf einige „Konkurrent:innen“, die meine Bahn kreuzten, brachte mich dabei nichts aus der Ruhe.
Mit jedem Schwimmbadbesuch übte ich außerdem über eine Länge von 25 Meter zu tauchen und war auch hier überrascht, wie schnell sich das Training auszahlte.
Das Buch von James Nestor wird mich noch eine Weile begleiten. So wie ich mich mit ausgewählten Themen tiefer auseinandergesetzt habe, werde ich auch die anderen Themen bei Gelegenheit weiter erforschen. Sehr gutes Buch!